Beschreibung
Jugendkulturen sind fast immer Jungenkulturen. Ob HipHop oder Metal, Skins oder Punks, Skater oder Techno – Jungen und junge Männer dominieren. Dennoch gibt es zahlreiche Mädchen und junge Frauen in diesen und allen anderen Szenen. Wie verteilen sie sich auf die Szenen? Wie erleben sie ihre Szene? Werden sie genauso akzeptiert wie die Jungs? Müssen sie anderen Rollenerwartungen genügen als die männlichen Szene-Angehörigen? Auf welche Weise finden sie ihren Weg in die Szenen? Was schreckt sie von einer aktiven Teilnahme ab? Haben Mädchen und junge Frauen andere Einstellungen zu Drogen, Gewalt, Sex und Beziehungen als die jungen Männer? Der Sammelband enthält u. a. Texte zu Mädchen und jungen Frauen in Hardcore, HipHop, Graffiti, Metal, Gothic, Visual kei und im Fußball, zu Riot Grrrls und Ladyfesten, rechtsextremen Mädchen, Mädchen in der Skinhead- und Rockabilly-Szene, Mädchen und Medien sowie Möglichkeiten der jugendkulturellen und interkulturellen Mädchenarbeit.
Inhaltsverzeichnis:
Gabriele Rohmann: Von Asphaltblumen und krassen Töchtern – eine Einführung
Stephanie Kiessling: We keep on runnin’. Eine kurze Geschichte über eine lange: Frauen in der Rock- und Popmusik
Barbara Stauber: Selbstinszenierungen junger Szene-Aktivistinnen. Gender-Konstruktionen in Jugendkulturen
Marco Höhn: Visual kei. Eine mädchendominierte Jugendkultur aus Japan etabliert sich in Deutschland
Dunja Brill: Fetisch-Lolitas oder Junge Hexen? Mädchen und Frauen in der Gothic-Szene
Melanie Groß: Riot Grrrls und Ladyfeste. Angriffe auf die heterosexuelle Matrix
Bernadette La Hengst: Immer komplett, aber niemals fertig
Marion Schulze: Mädchen im Hardcore: Not just Boys Fun?
Susanne El-Nawab: “Du musst dich halt echt behaupten.” Mädchen und junge Frauen in der Skinhead- und Rockabilly-Szene
Sarah Chaker: Eiserne Ladies. Frauenbilder im Black- und Death Metal
Nicole Selmer & Almuth Sülzle: TivoliTussen, Milchschnitten und Hooligänse. Weibliche Fankulturen im Männerfußball als Role Models für soziale Arbeit?
Michaela Köttig: Lebensgeschichten von rechsextrem orientierten Mädchen
Thomas Schwarz: Zur Rekonstruktion narrativer Identität und Weiblichkeit im HipHop: Weder ‘Heilige’ noch ‘Hure’ – das Fallportrait einer Rapperin
MC Pyranja: Autobiografische Reflexionen
Monika Anna Hevelke: German B-Girls in New York. Mädchenprojekte im HipHop. Ein Erlebnisbericht + Interview
Nadja Madlener: We can do. Mädchen und junge Frauen in der Graffiti-Szene
Doris Katheder: “Aber leider ist die Wirklichkeit ganz anders.” Selbstverständnis und Medienkritik nicht-kommerzieller Mädchenmagazine
Katja Röckel: Medienprojekte mit und für Mädchen. Annäherung an ein Konzept für feministische Mädchenarbeit
Elke Josties: Jugendkulturarbeit mit Mädchen und jungen Frauen. Biografische Fallstudien
Ursula Bachor: Interkulturelle Mädchenarbeit
Claudia Wallner: Drama oder Dramatisierung? Geschlechterverhältnisse heute und ihre Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Mädchen und jungen Frauen.
AVIVA-BERLIN.de im September 2007:
Krasse Töchter. Mädchen in Jugendkulturen. Herausgegeben von Gabriele Rohmann, Marietta Harder
“Komm doch mal rüber Mann, weil ich ja sowieso gewinn. Weil ich ´n Mädchen bin!”, so Lucy Lectric 1994. Auch heute geben sich junge Frauen selbstbewusst und provozieren, wie der Sammelband zeigt. Welche Rolle spielen Frauen in der Pop- und Rockgeschichte? Warum trug Punkmusik einen Teil zur Emanzipation bei? Im ersten Abschnitt geben die AutorInnen einen kurzen, dennoch vielschichtigen Überblick zur Geschichte der Populärmusik und legen ihren Fokus hier auf (bekannte) Künstlerinnen. “Utopisch, kämpferisch und/oder unendlich naiv wurde der Weg zur Weltveränderung beschritten, und Frauen als Musikerinnen waren von Anfang an mit dabei.” Ob im Kampf für die Änderung gesellschaftlicher Strukturen oder als Überbringerin von persönlichen Lebenserfahrungen – Frauen haben immer etwas zu sagen.
In ihrem musikgeschichtlichen Abriss beleuchtet Stephanie Kissling nicht nur die sich wandelnde Rolle der Frau, sondern es kommt auch ein kritischer Unterton zum Tragen, mit dem das gesamte Buch durchzogen ist. Angefangen in den 60er Jahren mit Protagonistinnen der Hippie-Bewegung, über die Rolle von “All-female-Bands”, die zum Teil feministische Texte sangen, werden auch Girl Groups der 90er betrachtet. So geht die Autorin auf den Erfolg der Minirock-tragenden Spice Girls ein, die mit “arschwackelnden Auftritten” zu Identifikationsfiguren unzähliger Mädchen wurden und das Frauenbild mitprägten.
Der folgende Abschnitt befasst sich mit Fragen der Gender-Konstruktion, gibt ausführliche Definitionen und stellt theoretische Überlegungen an: Kommt es in Jugendkulturen zur Modifikation von Geschlecht? Inwiefern spielen Individualisierung und Selbstinszenierung eine Rolle? Der wissenschaftliche Text beleuchtet diese Themen und schließt mit einer Beispielstudie zur Rollenfrage (Doing Gender) in einer ländlichen Techno-Szene: “Das ist zum Beispiel ziemlich typisch: Es gibt wenig weibliche DJ´s. (…) sonst sind´s meistens Typen. Manchmal denkt man gar nicht drüber nach.”, äußert sich eine Jugendliche und lässt sich auf Überlegungen zu versteckten Hierarchien ein. Werden Mädchen genauso akzeptiert wie die männlichen Techno-Anhänger?
Mit Vorstellung einer in Deutschland noch unbekannten Jugendströmung macht der Autor Marco Höhn neugierig und lässt die LeserInnen in eine Welt “krasser Töchter” eintauchen: “Man hört sie nicht nur gerne, man sieht sie auch gerne. Also zum Beispiel der Stil, wie die so auftreten das ist einfach so anders”, beschreibt die 20jährige Lea ihre Begeisterung für “Visual kei”, eine Jugendkultur, in der neben Musik (J-Rock) vor allem die Kostümierung eine große Rolle spielt. Die Mitglieder bewegen sich mit ihrem Kleidungsstil auf dem schmalen Grat zwischen Individualisierung und Uniformierung, was typisch ist für zahlreiche Jugendkulturen. Diese neue Szene aus Japan verbreitete sich hauptsächlich über das Internet und hat nicht selten mit Ablehnung von männlich dominierten Gruppen (HipHop) zu kämpfen. Zahlreiche Abbildungen und Zitate von “Insidern” wecken schnell das Interesse der LeserInnen.
Lange, schwarze Haare, dunkle Augen und heller Teint; Totenkopfaccessoires und schwarze Mäntel im Hochsommer. Eindeutig grenzen sich auch die Anhänger der Gothic-Szene von ihrer Umgebung ab. Anders sein, sich abheben und doch Zugehörigkeit zu symbolisieren, ist ein Merkmal dieser Gruppierung und der Jugendkulturen allgemein. Doch was verbirgt sich “hinter den scheinbar ´geschlechtslosen´, aber gleichzeitig stark nach Geschlecht differenzierten Stilen, Praktiken und Bildern des Gothic”? Neben Herkunft und Entwicklung dieser Jugendkultur werden Genderfragen fokussiert und die angebliche Gleichberechtigung kritisch betrachtet. Gelungene Formulierungen und persönliche Erfahrungen der Autorin Dunja Brill runden dieses Unterkapitel ab.
Nachstehende Kapitel geben Einblicke in harte Szenen, in denen Männer den Ton angeben. Matthias, ein 30jähriger Skinhead, für den sexistische Sprüche und Lieder alltäglich sind, sagt zum Thema Frauen in seiner Clique: “Klar ist das ´ne Männerdomäne. Aber es ist nicht alles ein Topf, das ist zu verschieden. Es gibt ´n paar starke Frauen, da hat jeder ´n Heidenrespekt vor, aber das sind wenige.” Bezeichnend ist, dass vor allem in den von Männern dominierten Jugendgruppen (Hardcore, Skinhead, Metal) bislang keine Gleichberechtigung erreicht wurde und die übereinstimmende Meinung herrscht, junge Mädchen müssten sich selbst Respekt verschaffen und seien mit ihrer Rolle glücklich. Unter den Rockabillys, die das Rollendenken der 50er Jahre aufleben lassen, ist Emanzipation ebenfalls nicht erwünscht. Die Frauen lassen sich gerne sagen, “wo´s langgeht.”, sehen sich aber nicht als unterdrückt: “Meine eigene Meinung hab´ ich selber und möchte´ ich auch gern weiter behalten.”
Und wie sieht es mit der Geschlechterrolle im HipHop aus? Rapperin Pyranja äußert sich in einem Interview zu der Stellung von Frauen in dieser Szene. Sie selbst gehört seit mehr als zehn Jahren dazu und ist der Meinung, dass es “sich nach einem patriarchalischen Konzept von Männlichkeit” gestaltet. Dennoch fordert sie eine zunehmend weibliche Beeinflussung der Kultur und spricht sich für eine Veränderung der Rollenmuster aus. Besonders hier in der Rap-Szene, aber auch in den vorher genannten Jugendkulturen ist ein Unterschied zwischen den Einstellungen von Mädchen und Jungen erkennbar.
Abschließend lässt sich feststellen: “Es gibt nicht den Umgang mit Geschlecht in Jugendszenen, sondern eine Vielzahl von Strategien, Einstellungen, Rollenmustern und Ansichten.” Das Eintauchen in die verschiedenen Kulturen macht den LeserInnen einerseits nachvollziehbar, welche Ideale Mädchen und Jungen besitzen, was sie darstellen möchten. Hier lassen insbesondere Erfahrungsberichte der Jugendlichen die Ausführungen authentisch werden. Andererseits bleibt das Unverständnis über die bewusste und von Frauen geduldete Unterdrückung in den harten Gruppen, die von Männeransichten geprägt sind.
Der Beleuchtung einzelner Jugendszenen folgt im vorletzten Teil des Sammelbandes die Fokussierung auf “Mädchen und Medien”. Wie beeinflussen Zeitschriften und die darin ständig gezeigte Glitzerwelt aus rosa Wolken das Selbstbild der Zielgruppe? Welches Frauenbild wird hier vermittelt? Vor allem aber stellt die Autorin alternative Magazine vor, deren Inhalte darauf abzielen, das gängige Girlie-Bild aufzuheben, und auch gesellschaftspolitische Probleme an die Leserin zu bringen. Für junge Frauen besteht in “Görls” die Möglichkeit, “sich auszudrücken und auszuprobieren”, es werde ihnen bei der Berufsfindung geholfen, sagt eine der Initiatorinnen.
Aus medienwissenschaftlicher Sicht erfolgen Vergleiche von drei nicht-kommerziellen Heften und die Vorstellung feministischer Medienarbeit: “Ich wünsche mir, dass der Ruf von Frauen auf dem gleichen Stand ist wie der von Männern. Frauen sollen selber sagen, was sie denken und ihren Lebensweg selbst bestimmen.” Mädchen, die eine ähnliche Meinung vertreten, werden bei ihrer Arbeit in einem Workshop gezeigt.
Was hat sich an dem Frauenbild im Laufe der Jahrzehnte geändert? Ausgehend von ihrer Rolle in den 60er Jahren beschreibt Autorin Claudia Wallner im letzten Abschnitt die Entwicklung der Stellung der Frau in der Gesellschaft. Vom Heimchen am Herd zur toughen Businessfrau mit klaren Vorstellungen von der Zukunft? Ganz so ist es nicht, dennoch können Mädchen heute selbstbestimmter ihren Weg gehen.
AVIVA-Tipp: Es schreiben nicht nur verschiedene AutorInnen, auch viele Jugendliche äußern sich zu den Umgangsformen in “ihrer Szene”. So bietet der Sammelband einen spannenden Einblick in jede Jugendkultur: Ob Rockabillys, weibliche Fußballfans oder rechtsextreme Mädchen – die Stellung junger Frauen wird anhand persönlicher Erfahrungen verdeutlicht. Neben der Informationsfülle blicken die VerfasserInnen stets kritisch auf die Umstände, denen sie in den Gruppen begegnen.
Zu den AutorInnen: Herausgeberin Gabriele Rohmann, geboren 1968 ist Sozialwissenschaftlerin M.A., Journalistin und Dozentin in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Sie gründete das Archiv der Jugendkulturen in Berlin mit und veröffentlichte bereits zahlreiche Publikationen zu den Themen Globalisierung, Jugendkulturen und Protestbewegungen.
“Gleich vorweg: Dieses Buch ist wunderschön gemacht, reich an Inhalten, Bildern und Illustrationen, ein visuelles Vergnügen vom silbernen stagediving Covergrrrl über die vielen Selbstinszenierungen und Szenefotos bis zu den Zeichnungen der Rapperin iII-One. Die Artikel geben einen guten Überblick und spannende, durch zahlreiche Interviews angereicherte Innenansichten verschiedener aktueller Jugendkulturen.”
Bettina Zehetner in: www.frauenberatenfrauen.at
“Dank jahrelanger Beschäftigung [der AutorInnen] mit den verschiedenen Szenen entstehen in der Analyse gründliche und sprachlich erfrischend verständliche Beiträge, die zudem mit vielen farbigen Illustrationen ansprechend aufgemacht sind. Auch die Mädchen und jungen Frauen selbst kommen häufig zu Wort. Insgesamt wieder ein sehr gelungener Band aus dem Archiv der Jugendkulturen. Allen am Thema Jugendkulturen Interessierten sehr empfohlen.”
H. Vetter in: ekz-Informationsdienst
“Ein starkes Buch, das nicht wertet und empfiehlt, sondern eine Bestandsaufnahme des Jetzt-Zustandes ist. Keine Bettlektüre, aber ein fundiertes Nachschlagewerk und ein Augenöffner.”
Tami in: Frankenpost
“Der Band gibt nicht nur einen guten Überblick über aktuelle jugendkulturelle Szenen, sondern gibt auch an vielen Stellen Anknüpfungspunkte an aktuelle Theorien und Ergebnisse der Geschlechter-/Mädchen-/Jugendforschung. Der Band zeigt eindrücklich, dass jugendkulturelle Szenen häufig auf Männlichkeitsinszenierungen aufbauen und wie bedeutend die Abgrenzung geschlechtlicher Rollen in Jugendkulturen ist. Vielerorts zeigt sich, dass die Szeneregeln von den männlichen Beteiligten bestimmt werden und dass von ihnen auch bestimmt wird, unter welchen Maßgaben Mädchen und junge Frauen sich beteiligen können. Ob es Zeichen für Befreiung und Veränderung ist, wenn Mädchen und Frauen sich zu diesen Szenen zugehörig fühlen, muss diskutiert werden und hierzu sind die Schlussfolgerungen mancher Beiträge eine gute Grundlage.”
Annegret Erbes in: Freiburger GeschlechterStudien
“Dieser Band ermöglicht in seiner Vielfältigkeit und Interdisziplinarität eine breite wissenschaftliche Verwendung. So richtet er sich an die Kulturwissenschaften, die Soziologie, das Musikbusiness, die Medienwissenschaften, den Journalismus, die Erziehungswissenschaften sowie an die Politikwissenschaften.”
Ariane Seitz in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen
“Mit ‘Krasse Töchter’ ist ein schon längst fälliges Buch über Mädchen in Jugendkulturen erschienen. ‘Längst fällig’ meint hier nicht etwa das Nicht-Einhalten eines angekündigten Erscheinungstermins, sondern bezieht sich auf den Inhalt. Mädchen werden in der Jugendkulturforschung mittlerweile nicht mehr unter ‘ferner liefen’ betrachtet, seit McRobbies erster fundamentaler Kritik in Bezug auf das Ausblenden der Mädchen ist viel passiert. In diesem Sammelband werden nun die Ergebnisse der Mädchen-Jugendkulturforschung vorgestellt. Dass Mädchen in allen Jugendkulturen, auch wenn sie männlich dominiert sind, mitmischen, ist hinlänglich bekannt. Hier wird aber auch dargestellt, in welchen verschiedenen Formen das geschieht und welche Bedeutungen Jugendkulturen für Mädchen einnehmen.
Dazu werden im Buch verschiedene Herangehensweisen dargeboten. Begonnen wird mit einem historischen Abriss von Stephanie Kiesling über Mädchen und Frauen in der Rock- und Popgeschichte, der die Zeitspanne von den 60ern bis zu den 90ern behandelt. Dabei handelt es sich nicht um eine lineare Entwicklung, sondern um unterschiedlichste Entwicklungslinien. Barbara Stauber setzt sich theoretisch mit Geschlecht und Jugendkulturauseinander und untersucht die Selbstinszenierungen von Szene-Mädchen. In ihrer Analyse greift sie auf das theoretische Konzept des ‘Doing Gender’ zurück und zieht als Beispiel jugendkulturelle Inszenierungen in einer ländlichen Techno-Szene heran. Sie zeigt, dass Mädchen als Trendsetterinnen zu verstehen sind, nicht zuletzt auch dafür Geschlechterrollen neu zu interpretieren.
Des Weiteren werden im Sammelband kapitelweise Mädchen in verschiedenen Jugendkulturen vorgestellt. Dabei werden ‘feminine’ und ‘maskuline’ Jugendszenen unterschieden. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Mädchen und junge Frauen im HipHop. Diese Darstellungen von Mädchen in Jugendkulturen werden großteils von ForscherInnen geleistet, teilweise kommen aber auch Szene-Aktivistinnen selbst zu Wort.
So gibt es einen Beitrag von Bernadette La Hengst, die als Mitveranstalterin des Ladyfests und als Solo-Musikerin in der alternativen Musikszene Hamburgs auch international bekannt geworden ist. Neben ihrem autobiographischen Text sind zudem einige Liedtexte abgedruckt. Marco Hohn beschäftigt sich in seinem Artikel mit ‘Visual kei’, einer aktuellen Jugendkultur, die von Japan aus auch nach Deutschland übergeschwappt ist. Mädchen in der Visual-kei-Szene hören J-Rock (Japan-Rock) und investieren viel Zeit in ästhetische Selbstinszenierungen. Für den Erfolg dieser Jugendkultur in Deutschland macht der Autor insbesondere den Boom der Web 2.0-Angebote mit ihren Selbstdarstellungsmöglichkeiten verantwortlich.
Dunja Brill befasst sich mit Mädchen und Frauen in der Gothic-Szene, denen diese im Vergleich zu anderen Jugendkulturen relativ gleichberechtigte Möglichkeiten zur Partizipation einräumt. Gerade die vielbeschworene ‘Geschlechterlosigkeit’ in der Szene macht es den Mädchen aber paradoxerweise auch schwer, die Gleichberechtigung einzufordern. Die in der Szene verbreitete Überzeugung, dass die Geschlechter szeneintern ohnehin bereits völlig gleichberechtigt sind, hindert an einer weiteren Emanzipation mehr, als sie ihr förderlich wäre.
Melanie Groß behandelt in ihrem Text Riot Grrrls und Ladyfeste. Die Autorin zeigt auch die theoretische Verbindung der Ladyfeste mit der Queer Theory und dem feministischen Poststrukturalismus auf.
Unter diesem Schwerpunkt werden mehrere Jugendszenen mit dem Fokus der Mädchenbeteiligung präsentiert. Drei Beiträge behandeln dabei musikorientierte Jugendkulturen: Marion Schulze analysiert Mädchen in der Hardcore-Szene, Susanne El-Nawab befasst sich mit Mädchen und jungen Frauen in der Skinhead- und Rockabilly-Szene und Sarah Chaker widmet sich Frauen und Frauenbildern im Black und Death Metal. Die Autorinnen Nicole Selmer und Almut Sülzle behandeln Mädchen als Fußballfans und untersuchen, ob weibliche Fankulturen im Männerfußball als Role Models für die soziale Arbeit verwendet werden können. Im letzten Beitrag zu ‘maskulinen Jugendkulturen’ beschäftigt sich Michaela Köttig mit rechtsextrem orientierten Mädchen. Ihre Untersuchung der Lebensgeschichten dieser Mädchen zeigt, dass diese keinesfalls als unpolitische Anhängsel der Mitglieder betrachtet werden dürfen und ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.
Im Schwerpunktteil HipHop, der wohl nur aufgrund seines Umfanges und seiner Dominanz innerhalb der Jugendkultur nicht im Kapitel der maskulinen Jugendkulturen untergebracht wurde, werden ebenfalls verschiedene Szenen und verschiedene Darstellungsweisen präsentiert. Zum einen werden mehrere Interviews mit Mädchen und jungen Frauen in der Szene abgebildet, darunter zwei Rapperinnen und ein B-Girl. Die Autorin Nadja Madlener gibt einen Einblick in das Szeneleben von Mädchen in der Graffiti- Szene, und Monica Anna Hevelke berichtet am Beispiel der ‘German B-Girls in New York’ über Mädchenprojekte im HipHop.
Die letzten beiden Schwerpunkte beziehen sich auf Medien (Mädchenmagazine sowie feministische Medienarbeit) und auf Jugendkulturarbeit mit Mädchen und jungen Frauen. Doris Katheder untersucht in ihrem Artikel Mädchenbilder in kommerziellen und nicht-kommerziellen Mädchenzeitschriften, und Katja Röckel reflektiert Ansätze der feministischen Medienarbeit im Kontext zweier Leipziger Modellprojekte.
Die weiteren Texte befassen sich mit sozialpädagogischen Konzepten: Elke Josties macht eine kritische Bestandsaufnahme der Mädchenförderung im HipHop und in der Singer-Songwriter-Szene, Ursula Bachor befasst sich mit der interkulturellen Mädchenarbeit, und Claudia Wallner erläutert die Konsequenzen für die Mädchenarbeit aufgrund der Veränderung der Mädchenbilder.
Abschließend sei der Sammelband ausdrücklich zum Erkundigen, zum Arbeiten, zum Nachlesen und zum Schmökern empfohlen. Nicht nur die gut recherchierten und aufbereiteten Artikel sind ansprechend, sondern auch die Fotografien und Illustrationen können die jeweiligen besprochenen Jugendkulturen verbildlichen und machen das Buch zu einem gelungenen Ganzen.”
Natalia Wächter in: facts. Österreichisches Institut für Jugendforschung
‘Krasse Töchter’ verschafft einen ungewöhnlichen, weiblichen Zugang zu den verschiedenen Szenen, den es bisher so kaum gegeben hat. Das Buch ist durchgehend illustriert und bebildert. Das ansprechende Layout erhöht die Lesbarkeit.Der Sammelband ‘Krasse Töchter. Mädchen In Jugendkulturen’ schließt eine Lücke.”
Igor Eberhard in: Slam
“Der Sammelband bietet einen sehr umfassenden, informativen Einblick in Lebenswelten, in Handlungspotenziale und Artikulierungsmöglichkeiten, aber auch Grenzen von Mädchen in den am weitesten verbreiteten Jugendkulturen der Gegenwart. Dieses wie auch die Authentizität durch die jungen Frauen, die im Buch als Protagonistinnen oder mehr oder weniger involvierte Beobachterinnen von Jugendszenen selbst zu Wort kommen, machen ebenso die unverwechselbare Stärke des Sammelbandes aus wie die in deutschsprachigen Raum erstmals umfassendere Darstellung von eher weiblich dominierten Jugendkulturen. Dieses macht es auch zu einem wichtigen Kompendium für Jugendarbeiter/innen und Studierende.
Mit „Krasse Töchter“ hat Gabriele Rohmann ein wichtiges, informatives Material zu Lebenswelten von Mädchen und jungen Frauen in Jugendkulturen vorgelegt, das viele Interessen bedienen kann: Für Mädchen- und Jugendarbeiter/innen und Studierende werden differenzierte Einblicke gewährt, ohne durchgängig Wertungen und wissenschaftliche Einschätzungen mitzuliefern. Dadurch bietet das Buch auch genügend Material und Anregungen, über die eigene Praxis von Mädchen- und Jugendarbeit nachzudenken oder auch genauer hinzuschauen. Wichtige Impulse liefern dazu auch die wissenschaftlichen Beiträge zur Einschätzung von Geschichte und theoretischen Grundlagen von Mädchenarbeit.” Prof. Dr. habil. Birgit Bütow in: www.socialnet.de
“Wer an einer fundierten Arbeit über Frauen in Subkulturen interessiert ist, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen!” Bezirk7 Bootboy Mag